Praxisbeispiel für Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien - 
Die Oskar-von-Miller-Schule

Die Oskar-von-Miller-Schule

 

Die Oskar-von-Miller-Schule ist eine rechtlich selbstständige berufsbildende Schule in Kassel. Die ca. 2200 Lernenden in Voll- und Teilzeitkursen der OvMS lernen in den vier Schulabteilungen: „Elektro- und Informationstechnik“, „Versorgungs- und Fahrzeugtechnik“, „Qualifizierung“ und „Fort- und Weiterbildung, mit Veranstaltungstechnik“. In 2002/2003 hat die OvMS begonnen ihr pädagogisches Konzept zu verändern und die Lernenden ins Zentrum der schulischen Arbeit gestellt. Das Konzept des slbstgesteuerten Lernens wurde eingeführt. Im Mittelpunkt des Ansatzes stehen eigenverantwortliches Lernen mit Inputphasen und eigenen Lernzielen, Gruppenarbeit und die Lehrperson als Lernbegleiter*in. Die OvMS ist seit 20 Jahren ein Beispiel dafür, wie Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien in der heutigen Zeit erfolgreich umgesetzt und ständig weiterentwickelt werden kann.

 

 

 

Leitbild  – Grundlagen zur Ermöglichung von Personalisiertem Lernen

„Fit für die Zukunft“ – dieser Slogan im Logo der Oskar-von-Miller-Schule (OvMS) ist für alle in der Schule eine Herausforderung, der wir uns täglich neu stellen. Die aktuellen, hoch dynamischen und chaotischen Veränderungen lassen uns nicht genau prognostizieren, was die Zukunft bringen wird. Sie stellen uns vor neue Herausforderungen, um angemessene Lern- und Entwicklungsräume und adäquate Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen. Daher gibt es Kernthemen, denen sich die OvMS verschrieben hat. Dazu gehört grundsätzlich die Sicherung und Weiterentwicklung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Weitere Aspekte sind die aktive Teilhabe unserer Schüler*innen an Bildungsprozessen für nachhaltige Entwicklungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt.Wir wollen Veränderungen, die durch Transformationsprozesse der Dekarbonisierung, Digitalisierung und des demographischen Wandels entstehen aktiv mitgestalten. Durch die Corona-Pandemie wurde uns vor Augen geführt, wie komplex, anspruchsvoll und herausfordernd unser Leben ist, in dem wir ständig dazulernen und unser Verhalten aufgrund neuer Erkenntnisse auch kurzfristig anpassen und flexibel gestalten müssen. Starre Strukturen helfen bei komplexen und chaotischen Anforderungen nur bedingt weiter. Wir wollen unsere Lernenden dazu befähigen, in einer agilen Gesellschaft und Arbeitswelt zu bestehen. Wir machen Sie fit darin, Lösungsstrategien einzusetzen und eigene Lösungen zu finden. Dies alles spiegelt sich auch in unserem Leitbild wider (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Schriftgrafik Leitbild der Oskar-von-Miller-Schule

                                                                                                                                            Umsetzung – Personalisiertes Lernen im Ausbildungsalltag

Abbildung 2: Schriftsgrafik PDCA-Zyklus Oskar-von Miller-Schule

Lebenslanges bzw. lebensbegleitendes Lernen muss am Ausbau der überfachlichen Handlungskompetenzen ansetzen. Als grundlegendes Strukturelement von Entwicklungs- und Lernprozessen bietet sich hier die PDCA-Logik an, ein Konzept das auf einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess abzielt (siehe Abbildung 2).

 

Mit seinen vier Phasen: Plan (Planen, Analysieren, Ziele formulieren), Do (Durchführen), Check (Überprüfen), Act (Agieren, Verbessern) kann mittels der PDCA-Logik eine nachhaltige Optimierung von Lernprozessen sowie eine kontinuierliche Verbesserung des eigenen Handelns aller Beteiligten erreicht werden.

Unser Verständnis und unsere Haltungen darüber, wie Lernen funktioniert und wodurch möglichst nachhaltige Wirkungen für die Zukunft erreicht werden können, stehen ständig auf dem Prüfstand. Dazu gehört insbesondere auch der Austausch aller am Lernprozess beteiligten Personen. Beispielsweise kann dieser durch Feedbackrunden bzw. Evaluationen initiiert werden und Lernangebote, Lernbegleitungen und Lernprozesse in den Focus nehmen. So wurde das Anliegen der Schülervertretung aufgenommen und eine Befragung zum Thema „Klimawandel/Energiewende“ durchgeführt, ausgewertet und konkrete Maßnahmen abgeleitet.

Lerngelegenheiten – Lernen aus und mit der Praxis

An der OvMS strukturieren wir die Lerngelegenheiten, wie oben ausgeführt, nach dem PCDA-Zyklus. In verschiedenen Schulformen (z.B. der Fachschule für Technik) ist zusätzlich dazu der Scrum-Prozess in das Lernen implementiert. Gemeint ist damit, dass die Verantwortlichkeit für den Lernprozess und die Lernprodukte in das Team der Lernenden gegeben wird. Das Team selbst strukturiert seine Lernprozesse inhaltlich und zeitlich. Damit haben Kommunikation und Feedback im Lernprozess eine hohe Bedeutung; das Lernen wird so ein agiler und möglichst individualisierter Prozess.

Abbildung 3: Zeichnung des Scrum-Prozess (ROOK 2015, S. 2)

Lehrkräfte – Förderung als Lernbegleiter*in

 

Die Lehrenden sind bei uns an der OvMS für die Lernenden vor allem als Lernbegleitende zu sehen. Die Rolle des Experten bzw. Wissensvermittlers wird übernommen, wenn z.B. in Inputveranstaltungen (Teilnahme freiwillig) konkrete Fragestellungen beantwortet werden. Jeder Lehrende ist der erste Ansprechpartner für die von ihm erstellten Lerngelegenheiten. Wir sprechen hier von Stories. Stories gehen von realen Arbeitssituationen und Aufgabenstellungen aus. Die Lernenden werden rotierend vom Lehrerteam begleitet und können so die verschiedenen Expertisen der Lehrenden in Anspruch nehmen.

 

 

 

Bewertungsprozess – Dynamisch und Transparent

 

Die Bewertung erfolgt an der OvMS u.a. anhand eines Fachgespräches, in dem die Ergebnisse der Aufgabenstellung bzw. Story und der Bearbeitungsprozess von der Gruppe vorgestellt wird. Dazu wird ein individueller Bewertungsbogen eingesetzt. Dieser ist immer auf die Lerngelegenheit / Story zugeschnitten und enthält bestimmte Bewertungskriterien. Das mehrdimensionale Beurteilungs- und BewertungsKonzept (BBK, Abb. 4) nach HEINIGER (2015) dient somit als Grundlage für das Fachgespräch und ist allen Beteiligten zu Beginn der Arbeit an der jeweiligen Story/Lerngelegenheit bekannt.

 

Abbildung 4: Abbildung des Beurteilung- und BewertungsKonzepts. BBK zur Story "Motorprüfstand" der Oskar-von-Miller-Schule

 

 

 

Fazit – Motiviertes, selbständiges Lernen nah an der Berufsrealität

 

Zur agilen Arbeitsweise stellen die Lernenden fest, dass das Lernen viel dynamischer von statten geht. In der Umsetzung der Lerngelegenheiten arbeiten sie selbstständiger und können eigene Ideen und Konzepte einbringen. Die agile Arbeitsweise ist nach ihrer Ansicht viel näher am eigentlichen Projektieren und Arbeiten in der Wirtschaft dran.

Das agile Lernen in der Fachschule hat nach Angabe der Lernenden deutliche Vorteile dadurch, dass der Lernprozess weitgehend selbst strukturiert werden kann und so die eigene Kreativität und Lösungskompetenz gefordert ist.

Die Lernenden haben festgestellt, dass durch den Einsatz der Scrum-Methode auch das Arbeiten in der Gruppe leichter wird. Sie fühlen sich dadurch viel stärker angesprochen und motiviert. Durch die gegenseitige Unterstützung der Teilnehmenden eines Arbeitsprozesses wird häufig ein viel höheres Entwicklungsniveau bzw. Qualitätsniveau erreicht.